Mediaguide Saaser Museum

Deutsch

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Einführung

Einführung

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Einführung

Herzlich Willkommen im Saaser Museum. Ich bin Evelyne …
… und ich bin Beat.
Gemeinsam führen wir Sie durch die Ausstellungsräume des Saaser Museums.
Sie erhalten dabei Einblicke, wie die Saaser in früheren Zeiten lebten, wie das Arbeitszimmer des berühmten Schriftstellers Carl Zuckmayer in Saas-Fee aussah oder wie der Tourismus ins Saastal gekommen ist.
Bevor wir uns den Ausstellungsräumen widmen, verlassen wir noch einmal das Gebäude des Saaser Museums, um dieses typische Walliser Haus von draussen in Augenschein zu nehmen.
Wir wünschen Ihnen viele neue Entdeckungen in der Geschichte des Saastals.

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Aussenraum

Aussenraum

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Aussenraum

Wir stehen vor einem der am besten erhaltenen traditionellen Walliser Häuser des Saastals. Auf Initiative des damaligen Dorfchronisten Werner Imseng wurde das Gebäude 1983 zum Saaser Museum umfunktioniert und zugleich von der Hauptstrasse einige Meter zurückversetzt. Zuvor diente das Gebäude als Pfarrhaus. In der Vergangenheit wurden einzelne Stockwerke auch als Schulhaus oder als Ausstellungsraum für ein Heimatmuseum genutzt.
Erbaut wurde das Gebäude im Jahr 1732. 1855 kam ein weiteres Stockwerk dazu. Noch bis 1980 wohnte hier Altpfarrer Alois Burgener, der nebst seinen seelsorgerischen Pflichten auch Landwirtschaft betrieb.
Typisch für die Walliser Bauweise sind der gemauerte Unterbau und das darauf errichtete Blockgehäuse aus Holz. Der steinerne Unterbau beherbergte einst den Keller, im Blockbau aus Holz wiederum war die beheizbare Stube untergebracht. Als Massnahme gegen Feuer wurde die Küche im ersten Stockwerk gegen den Hang ebenfalls mit Stein ummauert. Um das Haus unter göttlichen Schutz zu stellen, weist der Dachgiebel die Initialen von Maria und Jesus auf.
Rechts vom Eingang des Saaser Museums steht ein Brunnen aus neuerer Zeit. Dieser ist, wie für Walliser Brunnen oftmals üblich, in zwei Becken unterteilt. Das erste Becken diente den Einheimischen zur Wassernutzung, das zweite Becken war den Tieren als Tränke vorbehalten.
Wenn wir nun einige Meter links der Strasse entlanglaufen, kommen wir zu einem für das Saastal typischen Wegkreuz.
Ursprünglich befand sich dieses Kreuz auf der anderen Seite des Saaser Museums, wo zwei Strassen aufeinandertreffen. Solche Kreuze wurden im 18. Jahrhundert nämlich an wichtigen Strassenkreuzungen errichtet.
Auf den Wegkreuzen im Saastal sind Leidenswerkzeuge symbolisiert, die bei der Kreuzigung Jesu zum Einsatz kamen. Eine solche Darstellung nennt man auch Freitagschristus. Die Gläubigen sollen daran erinnert werden, den Sonntag und die kirchlichen Feiertage zu heiligen, da sie sonst Jesus Schmerzen antäten wie bei der Kreuzigung.
Saaser Wegkreuze sind voller Symbole. Wenn wir auf den Querbalken des Kreuzes schauen, sehen wir dort Würfel. Diese stehen für die Auslosung der Kleider Jesu. Die Leiter wiederum verweist auf die Herabnahme des Leichnams vom Kreuz, die hölzerne Hand symbolisiert die Ohrfeigen, die Jesus bei seinem Verhör hat hinnehmen müssen. Der Hahn zuoberst auf dem Kreuz erinnert an die Verleugnung Jesu durch Petrus.
Rechts vom Wegkreuz sehen wir eine Bronzebüste des hinduistischen Lehrers und Reformers Swami Vivekananda. Diese wurde im Jahr 2013 aus Anlass zu seinem 150. Geburtstag feierlich eingeweiht. 1896 weilte Swami Vivekananda für zwei Wochen in Saas-Fee und war tief beeindruckt von der Schönheit und Erhabenheit des Gletscherdorfs. Saas-Fee erinnerte den 33-Jährigen an seine nordostindische Heimat. In einem Brief bezeichnete er Saas-Fee als «Miniatur-Himalaya». Berühmtheit erlangte Vivekananda als Vermittler der hinduistischen Glaubenspraktiken im Westen. Dazu hielt er drei Jahre vor seinem Saas-Fee-Aufenthalt eine viel beachtete Rede vor dem Weltparlament der Religionen in Chicago.
Möchten Sie mehr über Swami Vivekananda und seinen Saas-Fee-Aufenthalt erfahren, dann gehen Sie auf den Eintrag Nummer 3. Ansonsten begeben wir uns jetzt in das erste Stockwerk des Saaser Museums.

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Swami Vivekananda

Swami Vivekananda

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Swami Vivekananda

In Saas-Fee begann Ende des 19. Jahrhunderts gerade die touristische Ära, als der indische Mönch Swami Vivekananda sich im August 1896 für zwei Wochen im «Grand Hotel» einquartierte. Während seines Aufenthalts wollte er durch Meditation die Welt um sich herum vergessen. So zumindest beschreibt er seine Pläne in einem Brief, den er in Saas-Grund vor Ankunft im Gletscherdorf abgeschickt hatte.
Der Schüler des berühmten hinduistischen Mystikers Ramakrishna hatte in den Jahren vor seinem Saas-Fee-Aufenthalt quasi im Alleingang das Wissen um die verschiedenen religiösen Strömungen Indiens in den Westen getragen. Auch derjenigen des Yoga.
«Wenn Sie Indien verstehen wollen, müssen Sie Vivekananda studieren», meinte der indische Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore. Noch heute wird Vivekananda in Indien als Nationalheld verehrt und ist fest im kollektiven Gedächtnis verankert.
Seine Auszeit in Saas-Fee verbrachte Swami Vivekananda nicht alleine. Zwei Schülerinnen begleiteten ihn ins Gletscherdorf. Zu dritt entwickelten sie in der Abgeschiedenheit der Bergwelt die Idee zu einem spirituellen Zentrum im Himalaya, das unter dem Namen «Advaita Ashrama» bis heute besteht.
Vivekananda war vom beruhigenden Einfluss der Berge des Saastals beeindruckt und schwärmte in einem Brief von deliziösen Spaziergängen im Wald und von der wunderschönen Szenerie – eingebettet inmitten von drei Gletschern. In dieser Landschaft schien ihm eine Loslösung irdischer Gefühle und Bindungen zu gelingen, wie er in einem weiteren Brief mitteilte.

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Saaser Kulturgeschichte

Saaser Kulturgeschichte

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Saaser Kulturgeschichte

Bevor im Saastal der Tourismus Einzug hielt, führten die Talbewohner ein karges, von der Landwirtschaft geprägtes Leben. Schafe, Ziegen, Schweine und Kühe versorgten die Bewohner mit Fleisch, auf den Äckern wurden Kartoffeln und Korn, vor allem Gerste, angepflanzt. In diesem Zimmer sehen wir die Werkzeuge, die im Alltag zum Einsatz kamen.
Eine besondere Erwähnung verdient das Aschensieb, von dem an der Wand ein Exemplar hängt – in der Nähe der Türe. Im Frühjahr wurde mithilfe des Aschensiebs die Schneeschmelze beschleunigt. Auf der Wand, links von der Türe, hängt ein Foto, worauf ein Saas-Fee’er das Aschensieb anwendet.
Die Saaser wussten sich auch früher schon zu helfen. Warum schmilzt aber eigentlich der Schnee schneller, wenn Asche darauf geschüttet wird?
Das hat mit der physikalischen Eigenschaft von Asche zu tun. Die Asche weist eine hohe Wärmekapazität auf und nimmt daher Wärme aus der Umgebung auf. Dies erwärmt den Schnee. Zugleich reduziert Asche die Luftfeuchtigkeit um den Schnee herum, was ebenfalls den Schmelzprozess beschleunigt.
Während die Saaser Männer als Bergführer auf Viertausender stiegen oder als begehrte Maurer auf Baustellen arbeiteten, war die Landwirtschaft wohl in den Händen von Frauen, wie man auf den Fotos an den Wänden sieht.
So war es. In der Saaser Landwirtschaft spielten Frauen eine wichtige Rolle. Die Männer waren in den Sommermonaten als Bergführer, Maurer, Handlanger oder Säumer im Einsatz, oftmals auch ausserhalb des Saastals. In dieser Zeit kümmerten sich die Frauen um die Landwirtschaft. Es war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts alltäglich, dass Frauen im Sommer schwere Heuladungen vom Feld in die Scheune trugen. In den landwirtschaftlichen Alltag wurden auch die Kinder integriert. Diese hüteten die Tiere. Treten wir nun in den nächsten Raum.
Hier sehen wir auf der linken Seite eine Wasserleite oder Suone, wie diese im Oberwallis genannt wird. In anderen deutschsprachigen Regionen kennt man dafür auch die Bezeichnung Wuhr oder Fluder.
Mit 300 Sonnentagen ist das Saastal eine der trockensten Regionen der Schweiz. Wasser hatte es dank den Gletschern dennoch im Überfluss. Um dieses Wasser nutzbar zu machen, wurden Wasserleiten angelegt, durch welche die Wiesen bewässert werden konnten. Mit Wasserschaufeln wurde das Gletscherwasser auf die Wiesen umgeleitet. An Sonn- und Feiertagen jedoch war die Bewässerung der Wiesen streng verboten.
Wie wussten die Leute, wann sie das Wasser für die Bewässerung nutzen durften?
Dies wurde in Büchern festgehalten, den sogenannten Wasserbüchern. Im Saastal gab es aber auch eine fürs ganze Oberwallis verbürgte urtümliche Tradition, wichtige erledigte Pflichten oder Abrechnungen auf sogenannten Tesseln aufzuschreiben. Tesseln sind Holzstückchen, auf denen mittels eingekerbter Zeichen juristische Tatsachen festgehalten wurden – beispielsweise, ob das Aufgebot des Wasservogts befolgt wurde, eine Wasserleite auszubessern. Solche Tesseln sehen wir hier ausgestellt.
Das Bewässern der Wiesen war also lebensnotwendig, damit überhaupt etwas wuchs in dieser trockenen Höhenlage. Von was ernährten sich denn die Saaser in alten Zeiten?
Im Saastal war man über Jahrhunderte zum grössten Teil Selbstversorger. Mit wenigen Ausnahmen lebte man mit dem, was die Natur einem gab. Eine Ausnahme war etwa der Reis. Einheimische Männer, die über den Sommer im angrenzenden Macugnaga beim Heuen mithalfen, erhielten als Lohn rund 20 Kilogramm Reis, den sie von Italien zurück ins Saastal brachten.
Mit 20 Kilogramm Reis liess sich der Hunger nicht lange stillen.
Das stimmt. Eines der Hauptnahrungsmittel war daher Fleisch. Die Tiere dazu schlachtete man selbst. Der Beginn der Metzgete war der 16. Oktober, der Tag des Heiligen Gallus. Nach der Metzgete lud man die Verwandtschaft zum Greibenmahl ein. Bei der urtümlichen Saaser Speise «Greibe», «Grieben» im Standarddeutsch genannt, wurden Innereien, Hackfleisch und Speck in eine Pfanne gegeben und zuletzt mit Zucker verfeinert. Die ganze Familie ass aus derselben Pfanne – jeder mit seinem Löffel.
Von den «Greiwe» spricht man noch immer im Saastal, wenn sie auch nur noch selten gekocht werden. Ganz anders die Saaser Würste. Die sind noch immer in aller Munde.
Die sind aber auch besonders lecker. Das Wursten hatte im Saastal immer eine grosse Tradition. Saaser Würste sind noch heute weit über die Grenzen des Tals bekannt. Da die Leute im Saastal arm waren, mussten die Würste hier mehr als andernorts mit Gemüse gestreckt werden. Böse Zungen behaupten, dass man Saaser Hauswürste daher sogar unbedenklich auch an einem Freitag, dem katholischen Fastentag, verzehren könne. Es handle sich schliesslich um eine fleischlose Gemüsewurst. Jede Familie pflegt ihr eigenes Rezept für schmackhafte Saaser Würste. Dazu werden etwa Rindfleisch, Schweinefleisch, Speck, Kartoffeln, Zwiebeln, verschiedene Gewürze sowie Randen verwendet, welche den luftgetrockneten Würsten die typisch purpurne Farbe geben. Verlassen wir diesen Raum und begeben uns in eine gute alte Saaser Stube.

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Wie die alten Saaser lebten

Wie die alten Saaser lebten

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Wie die alten Saaser lebten

Wir befinden uns nun in einer authentischen Saaser Wohnstube. Als Hauptmaterial für die Inneneinrichtung wurde einheimische Lärche verwendet. Die Wohnverhältnisse waren eng. Kinder schliefen aus Platzgründen oft mehrere in ein und demselben Bett und im ausziehbaren Trabbett, wie wir eines im Raum sehen können. Zum Heizen der Wohnung verwendeten die Saaser einen Giltsteinofen, der von ortsansässigen Ofenmachern aus einheimischem Speckstein hergestellt wurde und die Wärme gut speichern konnte. Eingefeuert wurde von der Küche aus. Giltsteinöfen wurden verziert, etwa mit Familienwappen, den Initialen der Besitzer, religiösen Symbolen oder der Jahreszahl der Entstehung. Auf dem Bank am Giltsteinofen konnte man sich bei Kälte aufwärmen oder in gemütlicher Runde seine Pfeife rauchen.
Die Winter im Saastal können endlos sein. Wie verbrachten die Einheimischen die langen kalten Abende?
An den Abenden in alten Zeiten beteten die Leute den Rosenkranz, unterhielten sich im gemütlichen Rahmen, pflegten also den sogenannten «Hengert», oder spielten Kartenspiele. Dies taten sie in den Wintermonaten auch ausserhalb der eigenen Wohnung, in einem Abendhock, dem sogenannten «Abundsitz». In jedem Weiler des Saastals gab es eine «Abundsitz»-Stube, wo sich die Bewohner nach der Tagesarbeit trafen, sich Geschichten und Sagen erzählten, gemeinsam tranken, rauchten und spielten.
Auf dem Esstisch liegt ein Kartenspiel. Sind das Troggen-Karten?
Genau. Das traditionelle Kartenspiel des Saastals war das Troggen. Spielkarten dieses barocken Tarockspiels sehen wir auf dem Esstisch. Das Tarockspiel wurde im 15. Jahrhundert in Norditalien erfunden. Im frühen 16. Jahrhundert lernten Söldner aus dem Wallis das Spiel in Italien kennen und brachten es zurück in ihre Heimat. So auch ins Saastal. Noch anfangs des 20. Jahrhunderts wurde in den Saaser Wohnstuben das Kartenspiel Troggen gespielt, bevor es endgültig vom ursprünglich niederländischen Jassen verdrängt wurde.
Bei der Eingangstüre habe ich eine Uhr mit eingraviertem Namen entdeckt. Kannst du etwas darüber erzählen?
Gerne. Die Uhr aus dem Jahr 1842 gehörte Pfarrer Johann Josef Imseng. Imseng machte sich gleich auf mehreren Gebieten einen Namen. Er beherbergte Gäste in seinem Pfarrhaus in Saas-Grund und setzte sich in der Folge für den Bau der ersten Hotels ein. Er gilt dadurch als Initiator des Tourismus im Saastal. Zudem wirkte er aber auch als Bergführer und Botaniker. Einen Platz in den Geschichtsbüchern erhielt der Tourismuspfarrer Imseng als erster Skifahrer der Schweiz. Um an einem Wintertag im Jahr 1849 einem Sterbenden in Saas-Grund rechtzeitig den religiösen Beistand leisten zu können, schnürte er sich in Saas-Fee Holzbretter unter die Füsse und fuhr damit kurzerhand ins Tal hinunter.
Johann Josef Imseng war ja ein wahrer Tausendsassa. Gibt es Orte im Saastal, an denen dieser Tourismuspionier in Erinnerung gerufen wird?
Wenn man in diesem Raum durch ein Fenster Richtung Allalin und Alphubel schaut, kann man das Geburtshaus von Johann Josef Imseng sehen. An der Häuserfront erinnert eine Tafel an den Tourismuspfarrer. Von hier aus kann man die Gedenktafel nur erahnen. Es gibt aber noch andere Orte, an denen diesem Tourismuspionier gedacht wird. Auf dem Dorfplatz von Saas-Fee wurde ihm zu Ehren ein Denkmal errichtet. Bei diesem Standbild in der Nähe der Kirche sieht man Imseng in seiner Soutane und mit dem Pickel in der Hand, mit dem er erstmals Touristen im Saastal auf die Viertausender führte. In Saas-Grund wiederum lässt sich im alten Pfarrhaus eine Gedenkausstellung zu Johann Josef Imseng besichtigen. Begeben wir uns nun in den nächsten Raum.
Zum Alltag der Saaser Frauen gehörte das Spinnen, Stricken und Weben. Ein flotter «Hengert», also eine lockere Unterhaltung, gehörte bei diesen Tätigkeiten stets dazu.
Welche Kleider stellten die Frauen damals selber her?
Sämtliche Alltagskleider, Schürzen, Tücher, Teppiche und Bettdecken wurden noch um 1900 von Hand gewoben, die Kleider aus dem sogenannten «Drill»-Stoff. Das Material dafür lieferten die Schafe vor Ort gleich selbst, wobei die Wollqualität der für das Saastal typischen Saaser Mutten, einer eigenständigen Saaser Schafsrasse, ehrlicherweise eine eher mindere Qualität aufweist.
Der Webstuhl ist ein mächtiges Instrument. Ich kann mir kaum vorstellen, dass alle Familien im Saastal den Platz und das Geld für ein solches Ungestüm hatten.
Das stimmt. Einen so grossen Webstuhl, wie wir in diesem Raum sehen, besassen nur wenige Haushalte. Die Frauen im Dorf teilten sich die wenigen Webstühle innerhalb der grösseren Verwandtschaft.
Ist es nicht erstaunlich, wie viele christliche Symbole diesen Raum zieren?
Für heutige Massstäbe erscheint die Präsenz dieser Symbole tatsächlich als übermächtig. Klar ist: Der christliche Glaube diente den Menschen im Saastal für lange Zeit als Richtschnur. Er gab Struktur im Alltag und Antworten auf die grossen Lebensfragen. An der Wand sieht man beispielsweise ein Bild einer Uhr aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf 24 Stationen wird darauf die Geschichte des Gottessohnes, von der Geburt bis zum Tod, bildlich dargestellt. Daneben sehen wir auf einem weiteren Bild, wie gute und böse Mächte am Bett eines Sterbenden um seine Seele ringen. Letztendlich erhält der Teufel die Seele. In früheren Jahrhunderten waren die Menschen im Saastal in ständiger Angst vor einem unerwarteten und somit unvorbereiteten Tod, bei dem das Sterbesakrament nicht gespendet werden konnte. Begeben wir uns nun in die Küche.
In alten Walliser Häusern war die Küche ummauert, um Schutz vor Feuer zu bieten. Traditionell gab es eine offene Feuerstelle, die Trächu.
Im Vergleich zu einer modernen Wohnküche liess die Trächu wohl kaum eine breite Palette an Speisezubereitungen zu. Was assen also die Saaser vor über 100 Jahren?
Zum Frühstück gab es Fleischsuppe. Zur Abwechslung manchmal Käse, Speck, Butter und Roggenbrot. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es im Saastal pro Dorf ein bis zwei Backhäuschen. Darin waren Brotbacköfen eingebaut, die der Gemeinschaft zur Verfügung standen. In Saas-Fee gab es vor 1897 nur ein Backhaus, in welchem die Familien des Dorfes zwei Mal pro Jahr Roggenbrot backten. Das Roggenbrot wurde darauf im Estrich gelagert.
Und was gab es zum Mittag- und Abendessen?
Zu Mittag ass man Kartoffeln, Kabis und Karotten. Dazu gab es meist gesottenes Schaf- oder Schweinefleisch. Es wurden also die Lebensmittel gegessen, die im Saastal vorhanden waren. Ein ebenfalls beliebtes Mittagessen war Polenta. Für den Anbau von Mais war das Saastal nicht geeignet. Den Mais kauften die Saaser auf dem Markt in Visp oder importierten ihn aus Italien. Am Abend ass man wieder Fleischsuppe, aber auch Gersten- und Polentasuppe. Zur Abwechslung gab es am Abend Kartoffeln und Magermilch oder Käse mit Roggenbrot. Eine Besonderheit war die Fastenzeit: Da verzichteten die Saaser während 40 Tagen auf sämtliche Fleischspeisen. Begeben wir uns nun ins obere Stockwerk. Ins Arbeitszimmer des Schriftstellers Carl Zuckmayer.

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Arbeitszimmer Carl Zuckmayer

Arbeitszimmer Carl Zuckmayer

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Arbeitszimmer Carl Zuckmayer

«Als wir, meine Frau und ich, an einem Juliabend des Jahres 1938 mit unseren Rucksäcken den Kapellenweg von Saas-Grund nach Saas-Fee hinaufwanderten, wussten wir nicht, dass wir heimgingen.»
Diese Zeilen schrieb der einflussreiche Schriftsteller und Dramatiker Carl Zuckmayer in seiner Autobiographie «Als wär’s ein Stück von mir». Im Juli des Jahres 1938 waren der Rheinhesse Carl Zuckmayer und seine Frau, die Wienerin Alice Herdan-Zuckmayer, für einige Tage im Oberwallis in den Ferien, wohin sie der sommerlichen Hitze am Genfersee entflohen – ihrem vorübergehenden Wohnsitz nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Österreich. Während dieses Urlaubs verschlug es sie an einem Tag bis ins Saastal. Die Autostrasse führte damals nur bis Saas-Grund. Den letzten Abschnitt ins Gletscherdorf stiegen sie zu Fuss hinauf. Bereits beim ersten Anblick übten die Berge von Saas-Fee einen gewaltigen Eindruck auf Carl Zuckmayer aus. In seiner Autobiographie schreibt er:
«Man steht ganz plötzlich vor einem Anblick, wie er mir nie und nirgends begegnet ist. Man steht am Ende der Welt und zugleich an ihrem Ursprung, an ihrem Anbeginn und in ihrer Mitte. Gewaltiger silberner Rahmen, im Halbrund geschlossen, nach Süden von Schneegipfeln in einer Anordnung von unerklärlicher Harmonie, nach Westen von einer Kette gotischer Kathedraltürme. Zuerst kann man nur da hinaufschauen, es verschlägt einem den Atem. «‹Hier›, sagte dann einer von uns – ‹wenn man hier bleiben könnte!›»
Bis dieser Wunsch in Erfüllung gehen konnte, sollten nochmals 20 Jahre vergehen. Ein Jahr nach ihrem ersten Saas-Fee-Besuch musste die Familie Zuckmayer in die USA ins Exil fliehen. Im Bundesstaat Vermont lebten sie in der Folge für eine längere Zeit als Farmer.
Erst 1947, neun Jahre nach seinem ersten Saas-Fee-Aufenthalt, gab es für Carl Zuckmayer ein Wiedersehen mit dem Gletscherdorf. Daraufhin reiste er noch 14 Mal ins Saastal, bis das Schriftstellerpaar Carl und Alice Zuckmayer im Jahr 1957 endgültig ihren Wohnsitz nach Saas-Fee verlegte, in das Lärchenholzhaus Vogelweid im Weiler Wildi. Es sollte ihr letzter Wohnsitz werden. Carl Zuckmayer starb 1977, seine Frau Alice 1991.
Ende der 1950er-Jahre, als Carl Zuckmayer Saas-Fee zu seiner neuen Heimat erwählte, war er der erfolgreichste deutsche Dramatiker im Westen. Seine Theaterstücke wie «Der Hauptmann von Köpenick» und «Des Teufels General» wurden an den grossen deutschen Bühnen inszeniert und ebenso erfolgreich verfilmt. Daneben schrieb er Erzählungen und Gedichte. Seinen Durchbruch erlebte Zuckmayer 1925 mit seinem Stück «Der fröhliche Weinberg». Damals war er 28-jährig.
Was hat es mit seinem Arbeitszimmer im Saaser Museum auf sich?
Nach Carl Zuckmayers Tod vermachten die Erben sein Arbeitszimmer der Gemeinde, um es im Saaser Museum präsentieren zu können. Seine Tochter Maria Winnetou Guttenbrunner-Zuckmayer stellte das Zimmer so zusammen, wie es ihr Vater im Haus Vogelweid einst eingerichtet hatte.
Wollen wir gemeinsam einige prägnante Gegenstände im Arbeitszimmer näher unter die Lupe nehmen?
Sehr gerne. Auf dem schweren Eichenschreibtisch in der Mitte des Zimmers entstanden bereits in den 1920er- und anfangs der 30er-Jahre im österreichischen Henndorf Theaterstücke wie «Katharina Knie» oder «Der Hauptmann von Köpenick». In Saas-Fee schrieb Zuckmayer auf diesem Tisch unter anderem «Das Leben des Horace A.W. Tabor», «Der Rattenfänger» sowie seine Autobiographie «Als wär’s ein Stück von mir».
Auf dem Schreibtisch sehen wir einen Brief von Carl Zuckmayer an seine Tochter Winnetou. Daneben liegen sogenannte Konsumbüchlein. In diese schrieben die Einheimischen ihre offenen Rechnungen beim Lebensmittelgeschäft hinein. Zuckmayer hingegen nahm auf seinen täglichen Spaziergängen durch die Saas-Feer Lärchenwälder die Konsumbüchlein als Notizbücher mit.
Rechts vom Schreibtisch sehen wir Zuckmayers Totenmaske, seine Gitarre, zu dessen Klängen er leidenschaftlich gerne sang, eine Zeichnung von Mainz, wo er aufwuchs, und ein Foto des Schriftstellers Gerhart Hauptmann, des bedeutendsten Vertreters des Naturalismus, in dessen Fussstapfen Zuckmayer mit seinem Volksstück «Der fröhliche Weinberg» trat.
An der rechten Wand findet sich ein alter Salzburger Bauernschrank, beim Eingangsbereich wiederum an der Wand ein Gestell mit Zinntellern und einem Strohbündel als Blumenstrauss, den Zuckmayer von einem Clown des Schweizer National-Circus Knie überreicht bekam.
Carl Zuckmayer war ein passionierter Mineralien- und Schmetterlingssammler, wovon weitere Gegenstände im Arbeitszimmer zeugen. Links auf dem Tisch finden sich zudem einige Tierknochen, die er in den amerikanischen Wäldern gefunden hat.
Carl Zuckmayer und Alice Herdan-Zuckmayer sind auf dem Friedhof von Saas-Fee begraben.
Möchten Sie mehr zu Carl Zuckmayers und Alice Herdan-Zuckmayers Zeit in Saas-Fee erfahren, drücken Sie die Geschichte 7. Ansonsten begeben wir uns jetzt zum Alpen-Relief.

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Carl Zuckmayers und Alice Herdan-Zuckmayers Zeit in Saas-Fee

Carl Zuckmayers und Alice Herdan-Zuckmayers Zeit in Saas-Fee

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Carl Zuckmayers und Alice Herdan-Zuckmayers Zeit in Saas-Fee

«Wo ist man daheim? Wo man geboren wurde oder wo man zu sterben wünscht», fragt Carl Zuckmayer in seiner Autobiographie «Als wär’s ein Stück von mir». Nach Jahren des Exils fanden Alice und Carl Zuckmayer in Saas-Fee wieder ein Stück Heimat. Sie integrierten sich schnell ins Dorfleben. Zu seinem 65. Geburtstag überreichte die Gemeinde Carl Zuckmayer den Ehrenburgerbrief, die grösstmögliche Anerkennung, die einem Zugewanderten in Saas-Fee entgegengebracht werden kann.
Carl Zuckmayer lebte in Saas-Fee nach einem festen Tagesrhythmus. Vormittags arbeitete er bis 11.00 Uhr, bevor er seinen täglichen Spaziergang unternahm. Einer seiner Lieblingswege verlief auf der Strecke Wildi-Bärenfalle-Melchboden-Café Alpenblick, eine Route, die heutzutage als Carl-Zuckmayer-Weg begangen werden kann. Am Wegrand sind auf Serpetinsteinen Zitate von Carl Zuckmayer eingraviert.
Alice Herdan-Zuckmayer stand zeitlebens im Schatten ihres berühmten Mannes. Mit ihrer autobiographischen Erinnerungsschrift «Die Farm in den grünen Bergen» konnte sie Ende der 1940er-Jahre grosse Erfolge feiern. In Saas-Fee schrieb sie weitere Bücher, unter anderem «Das Scheusal», eine wiederum autobiographische Geschichte über einen Hund, den sie von einer schrulligen Tante vererbt bekam. Auch dieses Buch erreichte eine grosse Anzahl an Leserinnen und Leser.
Das Ehepaar Zuckmayer liebte das Leben in der Abgeschiedenheit des Saastals. «Jeder Tag, den ich nicht hier in Saas-Fee verbringe, ist für mich nur ein halber Tag. Nur hier lebe ich ganz», sagte Carl Zuckmayer im Januar 1973. Um das Saastal nicht verlassen zu müssen, liess er die Welt ins Gletscherdorf reisen. Zu den Gästen, die Carl Zuckmayer im Haus Vogelweid empfing, gehören solch illustre Personen wie der Komponist Paul Hindemith, der Alpinist und Filmschaffende Luis Trenker sowie der deutsche Bundespräsident Theodor Heuss, vom dem im Zuckmayer-Arbeitszimmer links an der Wand eine Zeichnung hängt – vom Schloss Chillon am Genfersee.

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Alpenrelief

Alpenrelief

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Alpenrelief

Wir befinden uns vor einem imposanten Gebirgs-Relief. Saas-Fee und das Saastal liegen ein wenig versteckt am äussersten Rand Richtung Gletscherausstellung.
Schon gefunden?
Jetzt aber?
Saas-Fee ist wirklich ein bisschen an den Rand gedrängt.
In Zentrum des Reliefs steht nämlich nicht das Saastal, sondern der Monte Rosa, die Königin der Alpen. Dieses Gebirgsmassiv weist neun Gipfel über 4000 Meter auf. Der höchste davon ist die Dufourspitze mit 4634 Metern – nach dem Mont Blanc der zweithöchste Berg der Alpen und somit Westeuropas.
Das Relief zeigt die Berge und Dörfer rund um das Monte Rosa-Massiv. Auf neun Tages-Etappen lässt sich auf der sogenannten «Tour Monte Rosa» das Gebirge grenzüberschreitend umwandern. Ein Etappenort ist Saas-Fee.
Wer in Saas-Fee die «Tour Monte Rosa» im Gegenuhrzeigersinn startet, erreicht nach drei Etappen Zermatt. Die erste Etappe nach Grächen lässt sich auf dem Relief nicht nachvollziehen. Dieses nach Norden führende Teilstück fehlt. Von Grächen wandert man wieder gegen Süden, womit das Relief die zwei Tageswanderungen Richtung Zermatt mit Übernachtung in der Europahütte teilweise wieder abbildet. Am ersten Tag wandert man mit Blick auf das majestätische Weisshorn, am zweiten Tag rückt das Matterhorn immer näher. In Zermatt wählt man die Route Richtung Theodulspass, ein über 3000 Meter gelegener vergletscherter Grenzpass zwischen der Schweiz und Italien, der schon von den alten Römern begangen wurde.
Der nächste Etappenort ist St. Jacques im Aostatal. Die imposante vergletscherte Südseite des Monte-Rosa-Massivs nimmt dort einen prominenten Platz im Talabschluss ein. Die vier italienischen Dörfer, die auf der «Tour Monte Rosa» durchwandert werden, sind allesamt idyllische Walserdörfer. Die Walser waren ursprünglich Oberwalliser. Im 13. und 14. Jahrhundert emigrierten diese aus ihren Bergdörfern in andere Alpengebiete, unter anderem auch ins nahe gelegene Aostatal und Piemont. Dabei behielten sie die typische Walliser Blockbauweise und den höchstallemannischen Dialekt bei.
In den Walserdörfern im Aostatal und Piemont wurde das Walliserdeutsch während den letzten 800 Jahren von Generation zu Generation weitergegeben. Nun ist es im Begriff auszusterben. Nur noch vereinzelt reden ältere Leute Walserdeutsch und sprechen somit beinahe denselben Dialekt wie die Leute im Saastal.
Gressonay ist der nächste Etappenort auf der «Tour Monte Rosa». Typisch für Walserdörfer teilt sich das Dorf auf mehrere Weiler auf, die im Tal verteilt sind. Gressonay ist als Wander- und Skigebiet mit dem benachbarten Alagna verbunden. Dieser nächste Etappenort gehört nun nicht mehr zum Aostatal, sondern zum Piemont. Gelegen in der Valsesia brachte dieses Walserdorf berühmte Baumeister hervor, etwa der um 1480 geborene Ulrich Ruffiner, der im Oberwallis einige wichtige Kirchen und Brücken baute.
Von Alagna erreicht man über den Turlopass das Walserdorf Macugnaga. Dieser Ort, gelegen an der Monte Rosa-Ostwand, der längsten Eiswand der Alpen, war für das Saastal stets von grosser Bedeutung. Zwischen dem Saastal und Macugnanga gab es über Jahrhunderte grossen Austausch. Über den Monte Moro-Pass, der das Mattmarkgebiet im Saastal mit Macugnaga verbindet, wurden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Waren geschmuggelt, etwa Tabak, Kaffee oder den Süssstoff Sacharin.
In der Goldmine von Macugnaga, die bis 1961 in Betrieb war, fanden viele Saaser im 19. Jahrhundert eine Erwerbsmöglichkeit. So auch die Familie des 1856 in Saas-Fee geborenen Bergführers Matthias Zurbriggen, die gleich ganz nach Macungnaga auswanderte. Matthias Zurbriggen gilt als einer der profiliertesten Bergführer um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert. Er wird im nächsten Ausstellungsraum noch näher vorgestellt.
Über den Schmugglerpass Monte Moro führt die «Tour Monte Rosa» zurück ins Saastal. Zuerst gelangt man ins Mattmarkgebiet, einst ein wichtiges Alpgebiet für die Saaser Viehwirtschaft, heute ein Naherholungsgebiet mit einem künstlichen Stausee, der in den 1960er-Jahren zur Stromerzeugung erbaut wurde. Von dort führt der Weg über Saas-Almagell zurück nach Saas-Fee.
Der Monte Rosa nimmt in der Bergwahrnehmung des Saastals nicht so eine wichtige Rolle ein im Vergleich zu Zermatt oder Macugnaga, wo dieses Gebirgsmassiv sehr präsent ist. Zu sehr versteckt sich der Monte Rosa im Saastal im Mattmarkgebiet. Eine schöne Aussicht auf einen Teil des Massivs erhält man dennoch, nämlich auf Hohsaas in Saas-Grund und auf Heidbodme in Saas-Almagell.
Immer wieder ins Gespräch kommt die Erschliessung der gesamten «Tour Monte Rosa» als Skigebiet. Damit entstünde das grösste und zugleich eines der schneesichersten Skigebiete der Welt.
Wie auf dem Relief ersichtlich ist, ist das Saastal von mächtigen Viertausendern umgeben. Die Gletscherberge Allalin und Weissmies gehören zu den einfach zu erklimmenden Viertausendern, die imposante Mischabelkette oberhalb von Saas-Fee weist mit dem Dom den höchsten ganz auf Schweizer Boden liegenden Berg auf. Er ist 4546 Meter hoch. Benannt wurde der Dom zu Ehren eines Domherrn von Sitten, Josef Anton Berchtold. Dieser Oberwalliser Geistliche gab wichtige Impulse für die Walliser Landesvermessung und die Schweizer Kartographie.
Andere Bergnamen des Saastals sind geheimnisumwitterter. Stammen die Namen für Allalin oder Mischabel möglicherweise von Sarazenen, die im 10. Jahrhundert im heutigen St-Tropez eine Basis hatten und in der Folge rhoneaufwärts Alpenpässe besetzten – auch diejenigen im Saastal? Mischabel klingt ähnlich wie das arabische Ma’ Djabal, was so viel wie Wasserberg oder Berg des Wassers heisst, bei Allalin gibt es Ähnlichkeiten zu den arabischen Wörtern für Quelle oder Höhen. Die moderne Sprachwissenschaft steht der sarazenischen Namensgebung jedoch kritisch gegenüber.
In der Nähe des Reliefs finden wir eine Ausstellung zum Thema Gletscher. Gletscher prägten die Geschichte des Saastals über Jahrhunderte. Bis zum Ende der Kleinen Eiszeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts reichte die Gletscherzunge des Feegletschers bis an den Dorfrand. Wo heute die Talstation Felskinn liegt, errichteten Leute aus Saas-Fee im Jahr 1822 ein Kreuz, damit der Gletscher an dieser Stelle nicht mehr weiter vorrückt.
Zu Beginn der touristischen Ära um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert holten einheimische Kinder in den Sommermonaten sogar Eis aus dem Gletscher für den Bedarf in der Saas-Feer Hotellerie. In den letzten Jahrzehnten ging die Gletschermasse massiv zurück. Die Gletscher sind nach wie vor eminent wichtig für das Saastal, sei es für den Wasserbedarf, für die Stabilität der Berge, aber auch aus touristischer Sicht.

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Tourismusgeschichte des Saastals

Tourismusgeschichte des Saastals

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Tourismusgeschichte des Saastals

Beat, was denkst du, welches waren die ersten Touristen im Saastal?
Waren es die britischen Alpinisten, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Saaser Berge erstbestiegen haben?
Die waren für die Entwicklung des Tourismus natürlich sehr wichtig. Aber den Anlass zum Bau der ersten Hotels gaben nicht die Engländer.
Hhmm, da tappe ich ehrlicherweise im Dunkeln. Verrate es mir.
Vor den britischen Alpinisten waren es Naturforscher, Botaniker und Maler, welche die reizvolle Landschaft des Saastals entdeckten. Noch früher kamen Säumer ins Saastal oder Pilger, die beispielsweise den nahegelegenen Wallfahrtsort Varallo am Ortasee besuchten. Der einheimische Familienname Bilgischer weist noch auf vereinzelte Pilgerstuben hin. Früher hiess dieser Name nämlich «Anderpilgerstuben».
Gibt es schriftliche Zeugnisse von den ersten Touristen?
Nur sehr spärliche. Noch wenig angetan von den Saaser Naturschönheiten war der Berner Naturforscher Siegmund Gruner. 1778 betitelte er die Berge der Vispertäler als die «scheusslichste Wildnis der Schweiz» und als das «schweizerische Grönland». Mit anderen Augen durch die Berglandschaft des Saastals schritten dann die Kunstmaler und Botaniker. Sie hatten den Blick für die Schönheit der Region. Die Saaser Chronik vermerkt, dass ein Abraham Thomas aus dem Waadtländischen Bex im Jahr 1795 als erster Botaniker ins Saastal kam.
Wo wohnten diese ersten Gäste?
Pfarrer Johann Josef Imseng, dem wir schon als erster Skifahrer der Schweiz begegnet sind, beherbergte Touristen in seinem Pfarrhaus in Saas-Grund. Um die ersten Gäste zu beherbergen, baute bereits im Jahr 1833 der Saas-Grunder Moritz Zurbriggen sein Wohnhaus um, damit er auch Gäste aufnehmen konnte, und hängte ein Schild mit der Beschriftung «Gasthaus zur Sonne» an den Eingangsbereich. Auf Initiative von Pfarrer Imseng öffnete dann 1850 in Saas-Grund das Hotel Monte Rosa und sechs Jahre später, wieder auf Veranlassung von Pfarrer Imseng, das Hotel Monte Moro. Da in dieser Zeit das Mattmarkgebiet als Landschaft und als Transitgebiet nach Italien einen besonders grossen Reiz ausübte, liess der Tourismuspfarrer Imseng im Jahr 1856 in diesem Gebiet gleich selbst ein Hotel bauen.
Damit war also die Infrastruktur für die ersten Alpinisten im Saastal gegeben.
Genau. Was aber erstaunlich ist: In Saas-Fee gab es bis Ende des Jahrhunderts keine Hotels. Die Alpinisten mussten also nach ihren Touren in Saas-Fee wieder zurück bis nach Saas-Grund laufen. Im Jahr 1881 nahm dann aber in Saas-Fee die Burgergemeinde das Zepter gleich selbst in die Hand und liess in der Nähe der Kirche ein erstes Hotel bauen, das Hotel Dom. In den darauffolgenden Jahren bauten dann auch Einheimische Hotels in Saas-Fee, das Hotel Bellevue und das Grand Hotel. Es waren grosse weisse Belle Epoque-Kästen, die wie grosse Dampfschiffe in Saas-Fee vor Anker gingen. Sag einmal, du als begeisterter Bergsteiger. Was weisst du über die Erstbesteigungen der Saaser Viertausender und über die einheimischen Bergführer zu berichten?
Oh. Mit Berggeschichten könnte ich dich einen ganzen «Abundsitz» lang unterhalten. Fest steht: In den steilen Flanken des Saastals zog sich so mancher Saaser als Gämsjäger gute Fähigkeiten im Berggelände zu. Diese Fähigkeiten wussten die britischen Alpinisten sehr zu schätzen. Mit Johann Josef Imseng hatte das Saastal einen bergbegeisterten Pfarrer, der zusammen mit seinem Träger und Knecht, dem Saas-Almageller Franz Andenmatten, die Berge bestieg. Gemeinsam mit dem englischen Alpinisten Edward Levi Ames gelang ihm etwa die Erstbesteigung des Allalin- und des Lagginhorns. Imsengs Knecht Franz Andenmatten erwies sich dabei als sehr talentierter Bergsteiger. Ihm gelangen noch weitere Erstbegehungen.
Erst die britischen Alpinisten brachten also die Saaser auf die Idee, die Berge zu besteigen?
Genau so war es. Eine Zeitlang gaben sich sogar die Crème de la Crème der britischen Alpinistenszene in den wenigen Saaser Hotels die Klinke in die Hand. Edward Whymper, Erstbesteiger des Matterhorns, bezwang das Weissmies oder Leslie Stephen, Vater der berühmten Schriftstellerin Virginia Woolf, welcher der Schweiz mit einer Buchveröffentlichung die Bezeichnung «Playground of Europa» einbrachte, erklomm als erster den Alphubel.
Gab es neben Imseng und Andenmatten noch andere einheimische Bergsteiger, die einen prominenten Platz in den Annalen des Alpinismus zugesprochen bekamen?
Da wären besonders zwei zu nennen. Zum einen Matthias Zurbriggen, der bereits als Kind von Saas-Fee über den Monte-Moro-Pass ins anliegende Macugnaga auswanderte, wo sein Vater in der Goldmine arbeitete. Matthias Zurbriggen gilt als einer der beeindruckendsten Bergsteiger um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Sein Können erlangte Zurbriggen in der heimischen Monte-Rosa-Ostwand in Macugnaga. Später zog es ihn in die weite Welt hinaus. Er unternahm Expeditionen im Karakorum, war alleine in Indien und Australien unterwegs und verpasste 1894 nur um wenige Tage die Erstbesteigung des Mount Cook in Neuseeland. Eine eindrückliche Erstbesteigung gelang ihm dann im Jahr 1897 in Argentinien. Als Erster erreichte er den höchsten Berg des amerikanischen Kontinents, den 6958 Meter hohen Aconcagua in den Anden.
Warum kennen wir seine Biographie so gut?
Matthias Zurbriggen schrieb unter dem Titel «Von den Alpen zu den Anden» eine Autobiographie seiner Erlebnisse. Das Originalmanuskript in italienischer Sprache war lange Zeit verschollen. Im Jahr 2015 fand ein Nachfahre von Matthias Zurbriggen in seinem Keller in den USA das Originalmanuskript und vermachte es dem Saaser Museum.
Wer war der zweite Bergführer, dem du ebenfalls einen Platz im Bergsteiger-Pantheon geben würdest?
Alexander Burgener. 1845 geboren, wuchs er in einfachen Verhältnissen im Weiler Huteggen am Eingang des Saastals auf. Wie die anderen Saaser Bergführer auch, startete er seine Karriere als Geisshirt und Gämsjäger. Später erarbeitete er sich das Prädikat «König der Bergführer», einen Titel, den er mit dem Berner Bergführer Melchior Anderegg teilt. Wie Zurbriggen begab sich auch Burgener auf Expeditionen – sei es in die Anden oder in den Kaukasus. In den heimischen Bergen glückten ihm einige schwierige spektakuläre Erstbegehungen, etwa der Zmuttgrat am Matterhorn oder der Teufelsgrat am Täschhorn.
Es erstaunt mich, wie weitgereist die damaligen Bergführer waren. Interessant ist aber auch die Frage, wie überhaupt die Gäste ins Saastal kamen?
Die Reise ins Saastal war beschwerlich. Wer nicht laufen wollte, konnte auf den Dienst von Maultieren zurückgreifen oder auf starke Männer, welche Gäste auf Tragstühlen oder, für besonders Gutbetuchte, in Sänften ins Saastal trugen. Die Strasse von Stalden nach Saas-Grund wurde erst in den 1920er-Jahren gebaut. Die Strasse von Saas-Grund nach Saas-Fee wurde sogar erst 1951 eröffnet. Bis dahin taten die Maultiere ihre guten Dienste. Den Höchststand erreichten diese in den Zwischenkriegsjahren. 1933 gab es sage und schreibe 126 Maultiere im Saastal.
Das kann man sich heute kaum noch vorstellen. Im Halbstundentakt fahren Postautos von Visp nach Saas-Fee.
Der Zeitaufwand für eine Reise nach Saas-Fee hat sich in den letzten 100 Jahren massiv verkürzt. Wer im Jahr 1906 von Bern nach Saas-Fee reisen wollte, musste den Zug über Lausanne nehmen, um dann nach über sechs Stunden Fahrzeit mit dem Zug von Stalden aus nochmals einen fünfstündigen Fussmarsch nach Saas-Fee anzutreten. Seit der Eröffnung des NEAT-Basistunnels dauert die Reise von Bern nach Saas-Fee nicht einmal mehr zwei Stunden. Betreten wir nun den nächsten Raum. Evelyne, glaubst du, dass du mit diesen alten Holzskiern, die an der Wand hängen, das Allalin Rennen gewinnen könntest?
Da ich wohl keine einzige Kurve damit zustande bringen würde, wäre mir der Sieg gewiss. Im Ernst: Mit solchen Skiern kam wohl der erste Wintersportgast im Jahr 1898 ins Saastal. Bis der erste Skilift erstellt werden sollte, vergingen nochmals genau 50 Jahre.
Fürs Skifahren wartete man wohl kaum auf den ersten Skilift?
Auf keinen Fall! Die Einheimischen waren auch in den Jahrzehnten davor leidenschaftliche Skifahrer. In einigen Wintern verlieh die Gemeinde über den Winter Skis kostenlos an die Primarschüler. Die Gemeinde erhielt die Ski kostenlos von einer Skifirma. Auch die Frauen betrieben passioniert den Skisport. Es ist überliefert, dass im Jahr 1930 eine 18-jährige Saas-Feerin erstmals in Skihosen sich die Bretter an die Füsse schnallte, was zu einem veritablen Dorfskandal führte – waren die Frauen damals doch noch zum Rocktragen gezwungen. Noch bis 1938 fuhren die Frauen dann weiterhin brav im Rock Ski. Die einheimischen Männer wagten sich mit den Skiern auch ziemlich hoch auf die Berge hinauf. Im April 1946 gab es ein Rennen vom Allalinhorn nach Saas-Fee, das zur Tradition werden sollte. Von neun Startenden kamen beim ersten Rennen nur gerade fünf ins Ziel.
Und bald darauf kam das Zeitalter der Bergbahnen?
So war es. Im Jahr 1948 waren die vier Einheimischen Josef Supersaxo, Hubert Bumann, Robert Zurbriggen und Adrian Andenmatten der Meinung, dass nun auch in Saas-Fee die Zeit für einen Skilift gekommen war. Eine Offerte für eine stabile Anlage veranschlagte 120’000 Franken. Das war aber für das Budget des Gletscherdorfs eine Schuhnummer zu gross. Man fand eine bescheidene Lösung in einem Trainingslift für 16’500 Franken. Die erste Luftseilbahn führte dann ab 1954 von Saas-Fee auf Spielboden.
Das Saastal wurde damit zur Ganzjahres-Touristendestination.
Genau. Einer der vier Einheimischen, welche die Initialzündung für den ersten Skilift gaben, war der damals gerade erst 24-jährige Hubert Bumann. In den folgenden Jahrzehnten wurde er zur treibenden Kraft für den Tourismus in Saas-Fee und liess solch bahnbrechende Projekte realisieren wie etwa 1984 die höchstgelegene U-Bahn der Welt, die Metro Alpin. In Saas-Almagell wurde im Jahr 1965 ein Sessellift nach Furggstalden und zugleich bei diesem Weiler ein Skilift gebaut. Das Skigebiet von Saas-Grund wiederum wurde erst Ende der 1970er-Jahre erschlossen und war dadurch eines der letzten neu erstellten Skigebiete der Schweiz.
Heute ist Skifahren und Snowboarden das ganze Jahr über ein Thema im Saastal.
Das ist es. Die besten Ski- und Snowboardfahrer der Welt trainieren in den Sommermonaten auf dem Feegletscher. Und im Winter locken 150 präparierte Pistenkilometer zum Schneevergnügen.
Auch das Saastal brachte einige bemerkenswerte Schneesportler hervor.
Oh, ja, sogar einige Olympiasieger. Bei der Militärpatrouille, vergleichbar mit dem heutigen Biathlon, sollten an der Winterolympiade 1948 in St. Moritz in einem Team gleich vier Saaser an den Start gehen: Arnold Andenmatten, die Brüder Robert und Heinrich Zurbriggen sowie Walter Imseng. Da Walter Imseng kurzfristig erkrankte, sprang der aus Grimentz stammende Vital Vouardoux ein. Somit bestand das Team nur aus drei Saasern. Auf dem Papier war Finnland der klare Favorit, das Walliser Team mit dem Saaser Trio holte sich aber die Goldmedaille und wurde in Saas-Fee mit einem rauschenden Fest empfangen.
Ähnlich rauschhaft war wohl in den 1980er-Jahren das gemeinsame Schauen von alpinen Skirennen– weil ein Skifahrer aus dem Saastal sehr oft auf dem Podest stand?
Die 1980er-Jahre waren im Saastal ein grosses Freudenfest. Pirmin Zurbriggen sei Dank. Der aus Saas-Almagell stammende Skifahrer gehört mit 40 Weltcupsiegen und zwei olympischen Medaillen, darunter eine Goldmedaille, zu den herausragendsten Athleten des alpinen Skisports. Im Saaser Museum haben wir nebst einem Rennski auch die Startnummer und ein Skischuh der Olympiaabfahrt im kanadischen Calgary, die er 1988 gewann. Begeben wir uns nun ins Zimmer mit einer ganz anderen Bekleidung: den traditionellen Saaser Trachten.

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Trachten

Trachten

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Trachten

Nach Tageslaune frühmorgens die passenden Kleider aus dem Schrank zu nehmen, war in früheren Zeiten den Saaserinnen wohl nicht vergönnt?
Definitiv nicht. Vor allem die Wahl des Kopftuches, des sogenannten «Lumpis», war streng reglementiert. Am Kopftuch konnte man etwa erkennen, ob in der Familie in letzter Zeit jemand gestorben ist und in welcher Trauerphase die Person steckt. In der Vitrine auf der linken Seite kann man unter anderem ein Lumpi für die Trauerphase von Nahverwandten, ein Übergangskopftuch am Ende der Trauerzeit sowie ein Kopftuch für die allgemeinen Sonntage sehen.
Trugen die Frauen im Saas beim Verlassen ihres Hauses stets ein Kopftuch?
Ja, so gut wie immer, sei es beim Gang in die Kirche oder zur Arbeit. Nur an hohen Festtagen wie Fronleichnam, einer Priesterweihe oder Weihnachten trugen die Frauen einen Trachtenhut mitsamt der Tracht. Bei der Arbeit in der Landwirtschaft dienten die Kopftücher als Schutz vor der Sonne. Die Frauen zogen dann ein weniger elegantes rotes Werktagslumpi aus Baumwolle an. Die anderen Lumpini waren aus feinem Wollgewebe. Von diesen gab es etliche Kopftücher, die werktags und sonntags getragen werden konnten. Eine Besonderheit war, dass ledige Frauen bei der Sonntagsmesse am weissen Lumpi erkannt werden konnten.
Stellten die Frauen ihre Kopftücher selber her?
Nein. Die Lumpini bezogen die Frauen lange Zeit aus dem nahegelegenen italienischen Domodossola. Dort kauften sie nebst den Kopftüchern auch Ehe- und Ohrringe oder sogar Kupferkessel fürs Kochen. Im Saaser Volksmund nannte man die in Domodossola gekauften Kopftücher «Italiener-Lumpini». Diese gab es in verschiedenen Farben mit unterschiedlichen Mustern. In den 1920er-Jahren kam der Berner Handelsmann Knoer während den Sommerferien nach Saas-Fee. Ihm fielen bei den einheimischen Frauen die «Italiener-Lumpini» auf. Er bot den Frauen an, identische Lumpini für sie herzustellen. Die Saaser Frauen gingen auf das Geschäft ein und konnten sich damit die mühsame Reise nach Domodossola ersparen. Diese bunten Kopftücher wurden in der Folge «Kner-Lumpini» genannt.
Du hast gesagt, dass an hohen kirchlichen Festtagen die Frauen eine feierliche Tracht trugen. War das auch so strikt reguliert, wie das Tragen des richtigen Kopftuches?
Das war es. Die augenfälligsten Anpassungen ergaben sich über die Wahl des Bandes vom Trachtenhut. Dieses Hutband wurde den liturgischen Farben des Kirchenjahres angepasst. An Gedenktagen von Märtyrern trugen die Frauen somit etwa ein rotes Hutband, in der Adventszeit ein violettes. Bei der Taufe, Priesterweihe und bei Beerdigungen eines nichtschulpflichtigen Kindes trugen die Verwandten das weisse Hutband. Nicht alle Saaser Frauen konnten sich jedoch eine Sonntagstracht leisten. Als Alternative wurde das beste Gewand aus dem Kleiderschrank geholt und dieses mit einem Lumpi kombiniert.
In der Vitrine sieht man die aktuelle Saas-Feer Festtagstracht, die noch heute von Mitgliedern des Trachtenvereins an ausgewählten Festtagen getragen wird. Bis wann war es üblich, dass Frauen Kopftücher und Trachten trugen?
Das Tragen der zweiteiligen Tracht mit Ärmeljacke, Schlutti genannt, und Rock ging ab den 1960-er-Jahren rapide zurück. Dessen ungeachtet gab es auch noch in den 1990er-Jahren Hochzeiten, an denen die Braut die Festtagstracht trug. Das Kopftuch strikt reguliert nach Trauerzeit trugen die Saaser Frauen bis etwa 1968. Der revolutionäre Geist der Erneuerung fegte dann auch das Lumpi weg. Bis anfangs der 2000er-Jahre gab es dennoch ältere Saaser Frauen, die ein traditionelles Werktagsgewand mit Kopftuch trugen – gerade auch beim Arbeiten im Freien.
Und die Männer?
Die typische Saaser Männer-Tracht in Drill-Stoff spielte eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Bei Feldarbeiten legten sich zum Schutz vor der Sonne aber auch Männer Lumpini über die Schulter. Begeben wir uns nun in das oberste Stockwerk des Saaser Museums.

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Sakrallandschaft

Sakrallandschaft

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Sakrallandschaft

Wir sind nun im obersten Stockwerk des Saaser Museums angelangt.
Hier kommt wieder eine sehr christliche Stimmung auf.
So ist es. Hier versammeln sich Altäre und Kirchengegenstände aus verschiedenen Saaser Kirchen. Bei der aktuellen, 1963 eingeweihten Saas-Feer Pfarrkirche nach Plänen des Architekten David Casetti entschied man sich nämlich, die alten Altäre nicht zu verwenden. So erhielten sie 20 Jahre nach der Kirchen-Einweihung einen Platz im Saaser Museum.
Erkenne ich bei einem Altar den Walliser Heiligen Theodul?
Gut erkannt. Beim grössten Altar im Raum handelt es sich um einen Theodulsaltar aus dem 18. Jahrhundert. Dieser Altar befand sich einst in der 1666 erbauten Theodulskapelle, einem der frühen Kirchengebäude von Saas-Fee, und zwischen 1894 und 1963 im Vorgängerbau zur aktuellen Kirche. Theodul ist der erste namentlich bekannte Bischof des Wallis und war Schutzpatron gegen Hagel, Frost und Blitzschlag, Naturgewalten, vor denen sich die Einheimischen im Saastal Schutz erhofften. Im Altar ist die untere Figur Theodul. Er ist als Bischof dargestellt.
Und wer sind die Figuren am Altar oberhalb des heiligen Theodul?
Links ist der Heilige Johannes Nepomuk dargestellt, ein böhmischer Priester und Märtyrer aus dem 14. Jahrhundert. Er wurde aber erst 1729 von Papst Benedikt XIII. heiliggesprochen, also in der Zeit, als der Altar gebaut wurde, was diese Figur auf dem Altar erklären könnte. Sein Attribut ist das Kruzifix. In der Mitte hält der Apostel Petrus sein Attribut, die Schlüssel. Wer der Heilige rechts von Petrus sein könnte, ist nicht überliefert. Womöglich ist es der Apostel Johannes, der ebenfalls oftmals mit einem Kruzifix als Attribut dargestellt wird.
In der Nähe der Treppe sehe ich ein eindrückliches Kreuz, das wohl bei Beerdigungen in den Einsatz kam.
Genau. Dieses sogenannte Tumbakreuz aus dem 17. Jahrhundert erhielt ebenfalls in der Theodulskapelle seinen ersten Einsatzort. Bis 1983 wurde dieses Kreuz bei Beerdigungen, in der Karwoche, an Quatembersonntagen und an Gedenkgottesdiensten für verstorbene Personen aufgestellt. Das Kreuz erinnert uns mit den Todesdarstellungen von König, Bischof und Papst daran, dass wir sterblich und im Tod alle gleich sind.
Und was hat es mit der Brezelmaschine auf sich?
Das ist keine Brezelmaschine, sondern ein Hostieneisen. Die Priester stellten die Hostien für den Gottesdienst lange Zeit selber her.
Begeben wir uns nun in den letzten Raum, wo das Werk eines einheimischen Künstlers präsentiert wird.

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Kunstraum Werner Zurbriggen

Kunstraum Werner Zurbriggen

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